Dirndl, Panje und Sari

Was haben Dirndl, Panje und Sari gemeinsam?

Ziemlich viel, wie ich finde. Alle drei sind traditionelle Frauenbekleidung. Und sie haben einen verblüffend ähnlichen Aufbau: Bei allen dreien gibt es eine kleine enge Bluse. Beim Dirndl ist diese sehr kurz, beim Sari etwas länger, und beim panje complet, also einem kompletten Anzug aus einem sechs Meter langen, bunt bedruckten Tuch, noch etwas länger.

Dann gibt es konzeptionell bei allen eine Art ersten, langen Rock: Beim Sari ist es ein echter Unterrock, beim Panje ein erster Stoffteil, der als Wickelrock eng über das Oberteil gewickelt und festgesteckt wird. Das Dirndl kommt mit einem ganzen Kleid einher, ebenfalls mit einem mittellangen bis langen, stoff- und faltenreichen Rock.

Bei allen dreien kommt jetzt der Clou: Beim Dirndl die Schürze mit langer, frei gebundener Schleife. Beim Panje der zweite Stoffteil, der schräg über eine Schulter gelegt wird. Alternativ kann er als zweiter Wickelrock etwas höher angesetzt als der erste über diesen gebunden werden. Der Sari kombiniert diese Elemente in einem Stück: Die sechs Meter lange Stoffbahn wird zuerst, in Falten gelegt, als Wickelrock gebunden, um dann über die Brust geführt mit dem häufig reich verzierten Pallu über die Schulter geworfen zu werden.

Doch damit nicht genug, könen beim Dirndl noch ins Haar geflochtene Bänder, beim Panje ein Foulard – ein aus demselben Stoff wie das Gewand gedrehter Haarkranz als Minischleier -, beim Sari ein durchsichtiger Schleier dazukommen (oder der Pallu wird einfach über den Kopf gezogen).

Und noch mehr als solche verblüffenden Ähnlichkeiten haben die drei traditionellen Frauengewänder gemeinsam: Sie sind farbenfroh, lebensfroh und feminin. Gleichzeitig tritt eine Frau, die sie trägt, aufrecht, selbstsicher und stolz auf, und sie stehen ihr umso besser, je mehr sie so auftritt.

Geben wir es zu: Dirndl, Panje und Sari sind elegant. Und sexy. Und unnahbar. Sie sind ganz einfach: weiblich und würdevoll.

 

Verblüffender Vergleich: “Ehrenmord” strafwürdiger als “Eifersuchtsmord”?

“Bei den … Ehrenmord[fällen] im weiteren Sinn [verübt] der (ehemalige) Partner die Tat, um seine persönliche und familiäre Ehre zu schützen. … [Im] Detail fällt die Abgrenzung zur “normalen” Tötung einer Frau durch ihren männlichen (Ex-)Partner hier schwer, denn Faktoren wie Eifersucht, Besitzdenken und eine “Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie keiner kriegen”-Attitüde liegen in beiden Fällen vor.

Die Unterscheidung bestimmt sich dann am kulturellen Umfeld und dem von dort ausgeübten Erwartungsdruck: Beim Ehrenmörder steht der Begriff der (Familien)ehre im Vordergrund, und diese Familie drängt ihn oft mehr oder weniger subtil zur Tat. Teilweise sind in diesen Fällen auch Familienmitglieder des Täters aktiv an der Tat beteiligt, als Anstifter, Gehilfen oder Mittäter. Bei sonstigen Partnertötungen ist zwar vielleicht der individuelle Stolz des Täters gekränkt, aber er bewegt sich nicht in gesellschaftlichen Strukturen, in denen eine Tötung seiner (ehemaligen) Partnerin als adäquate Reaktion empfunden oder gar aktiv unterstützt wird. Die Täter entscheiden in diesen Partnertötungen ohne Ehrhintergrund komplett autonom; wenn sie ihr Umfeld befragen würden, würde es ihnen von der Tat abraten.” (Weiterlesen: http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/strafrecht-ehrenmord-blutrache-dissertation-islam-rabatt/)

Wirklich verblüffend ist nur die Unterstellung angeblicher Strafrabatte für durch eine bestimmte Subkultur mitbestimmter Täter und die damit einhergehende implizite Wertung zB der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/empoerung-ueber-urteil-kultureller-rabatt-fuer-ehrenmord-12863670.html), dass die individuelle psychologische und soziale Situation (nur) dann nicht strafmildernd berücksichtigt werden dürfe, wenn sie zwar vorhanden, aber einer anderen kulturellen Prägung als der deutschen (?) entsprungen sei, und mithin “Ehrenmorde” gegenüber “normalen” Eifersuchtsmorden” strafwürdiger seien.

Es dürfte auf der Hand liegen, dass derjenige Täter, der entgegen seiner Erziehung, Prägung, und Erwartungshaltung seines sozialen Umfeldes handelt, mehr kriminelle Energie aufbringt, höhere Hemmschwellen überwindet und eine deviantere Verhaltensweis an den Tag legt, als derjenige, der sich – immer noch unzweifelhaft in verwerflicher Weise – seiner Erziehung, Prägung, und der Erwartungshaltung seines sozialen Umfeldes beugt. Weiterhin dürfte auf der Hand liegen, dass solche Täter sich nicht auf vorwerfbare Weise erst in eine kriminelles Verhalten fördernde und geradezu erwartende Subkultur hineinbegeben haben (wie beispielsweise bestimmte Motorrad- und Rocker-Clubmitglieder oder auch Wirtschaftsstraftäter), sondern in sie hinein geboren wurden, vergleichbar Straftätern, die durch Missbrauch oder zerrüttete Familienhintergründe (mit-) kriminalisiert wurden.

Neues aus der EZ-PPP

“Das Kompetenzcenter Key Account Management und Kofinanzierung unterstützt die Mitarbeiter des Bereichs Afrika bei der Akquise neuer Geschäfte mit internationalen Gebern (z.B. EU, Bill & Melinda Gates Stiftung). Eines dieser Multi-Stake-Holder-Vorhaben (Bill und Melinda Gates Foundation , Privatwirtschaft, DEG, BMZ) ist die „Competitive African Cotton Initiative“ (COMPACI). Ziel des COMPACI Vorhabens ist es, in mittlerweile 10 afrikanischen Ländern das Jahreseinkommen (sowie die Nahrungsmittelproduktion) von 665.000 Bäuerinnen und –Bauern aus ihren baumwollbasierten Farmingsystems nachhaltig zu verbessern. Das Vorhaben stärkt die Integration dieser Kleinbauern in eine funktionsfähige Baumwollwertschöpfungskette.” (Weiterlesen: https://www.giz.de/de/jobs/3109.html, Job-ID 17807)

Nachhaltige Baumwollproduktion nach COMPACI bedeutet gezielte Anwendung von Pestiziden und verbesserte Applikationstechniken sowie die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit durch organischen Dünger (weiterlesen: http://www.giz.de/de/downloads/giz-2011-de-competetive-african-cotton-initiative.pdf).

Für Nicht-EZler vorweg: Die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) ist voller lustiger Abkürzungen, zB PPP – Public-Private-Partnership. Oder auch MaP, was sowohl Mitausreisender Partner als auch Material am Arbeitsplatz bedeuten kann (teilweise auch synonym verstanden).

Die neue, moderne Post-Entwicklungshilfe EZ steckt aber auch voller sonstiger Schönheiten im Detail. Besonders auf der Zunge zergehen lasse ich mir gerade die Akquise neuer Geschäfte mit internationalen Gebern. Hier wird deutlich, woran die EZ als solche krankt: Dem Leitbild der Nord-Süd-Partnerschaft, Reduzierung des Wohlstandsgefälles und der nachhaltigen und gerechten Nutzung der globalen Ressourcen für alle Menschen verpflichtet, kann EZ eigentlich nur ein Ziel haben: sich selbst überflüssig zu machen.

Leider sind die genannten hehren Ziele  im Detail eingebettet in wachstumsfokussierte Wirtschaftsstrukturen des post-industriellen Zeitalters, und unterliegen dadurch wie inzwischen fast alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche dem ubiquitären Wachstums-Fetisch.

Wer aber wachsen will, der ist weit davon entfernt, sich selbst überflüsssig zu machen. Der will auch keine Veränderungen bewirken, sondern Vertiefung bestehender Strukturen. Das nennt sich dann neudeutsch nachhaltige Verbesserung.

Doch zurück zum Fall: Kleinbauern sollen in eine funktionsfähige Baumwollwertschöpfungskette integriert werden. Klingt gut: Gegen Wertschöpfung ist prima facie nichts einzuwenden und gegen Integration auch nicht. Was aber bedeutet das?

Erst einmal ist interessant, dass das Bestehen einer funktionsfähigen Baumwollwertschöpfungskette vorausgesetzt wird. Dies vorgestellt, möchte man stutzen, darf es doch inzwischen fast als Binsenweisheit gelten, dass Wertschöpfung im Bereich Urproduktion, noch dazu bei Monokulturen wie der Baumwolle, und darüber hinaus in Entwicklungsländern, gerade nicht stattfindet, auch nicht bei der Herstellung des Stoffes, auch nicht beim Zuschneiden und Nähen des T-Shirts, sondern erst beim Aufkleben des Markenetiketts und noch ein wenig beim zwischenhinein fleißig eingeschalteten Transportsektor.

Nehmen wir die Syntax ernst, sollen sich die Kleinbauern in diese Wertschöpfungskette stärker integrieren: Sie sollen die von ihnen produzierte Baumwolle in diese Wertschöpfungskette hineingeben und sich möglichst optimal darin einfügen, und zwar durch die oben beschriebene nachhaltige Baumwollproduktion, die im Wesentlichen in einer Produktivitätssteigerung durch Pestizideinsatz und Düngung besteht. Dafür erwirtschaften sie unter Umständen sogar einen etwas höheren Erlös als zuvor (nach http://www.giz.de/de/downloads/giz-2011-de-competetive-african-cotton-initiative.pdf  ca. 10-15%, bei zum Leben verfügbaren USD 1,5/Tag).

Verbesserung des Lebensstandards der Kleinbauern? Ein wenig. Verlagerung der Wertschöpfung in die Südländer? Fehlanzeige. Veränderung von Strukturen? Gewiss nicht.

Was wären die Alternativen? Werstschöpfungswissen teilen anstatt Südländer auf die Rolle als Rohstofflieferanten zu beschränken. Sich den globalen Herausforderungen zur schonenden und effizienten Nutzung der natürlichen Ressourcen gemeinsam stellen anstatt sich dem Wachstumsdiktat zu unterwerfen. Das Selbstbewusstsein der Bevölkerung hier wie da stärken anstatt neue Generationen in überholte Systeme zu integrieren versuchen.

Freihandel, Frieden, alles muss versteckt sein

“Deutschland tritt ein für einen Sicherheitsbegriff, der wertebasiert ist und die Achtung der Menschenrechte umfasst. Im außenpolitischen Vokabular der Republik reimt sich Freihandel auf Frieden und Warenaustausch auf Wohlstand. … Deutschland profitiert … überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung …, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden. Aus alldem leitet sich Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.” (Bundespräsident Gaucks Rede zur Münchener Sicherheitskonferenz vollständig lesen: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gauck-rede-im-wortlaut-deutschland-muss-bereit-sein-mehr-zu-tun-12778744.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2)

Freihandel reimt auf Frieden und Warenaustausch auf Wohlstand: Da muss man sich wohl zunächst einen Reim drauf machen. Nur welchen?

Deutschland profitiert überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung: Deutschland ist, so scheint es, trotz wachsender interner Wohlstandsschere, immer noch einer der – relativen – Gewinner der Globalisierung. Wer wagt die Frage zu stellen: Wenn wir derzeit gewinnen, wer verliert derzeit – und was?

Eine offene Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden: Offene Weltordnung bedeutet also Freihandel und Warenaustausch. Nur, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Offene Weltordnung bedeutet nicht, großzügiger Asyl zu gewähren. Nicht, sich stärker für Arbeitsmigranten zu öffnen. Nicht, mehr Demokratie für Europa zu fordern. Nicht, Nachrichtendienste wirksamer öffentlicher Kontrolle zu unterwerfen. Nicht, an der Herstellung einer Weltöffentlichkeit zu arbeiten.

Interessen mit grundlegenden Werten verbinden: Nur schade, dass der Bundespräsident diese Werte nicht benennt. Bis auf die abstrakten Referenzen an Frieden, Stabilität und Menschenrechte wird nicht so ganz klar, welche Werte dankenswerter Weise als Annex mit den Interessen verbunden werden können. Die Interessen erscheinen da schon konkreter: Freihandel, Warenaustausch und Wohlstand. Damit Deutschland – weiterhin – überdurchschnittlich profitiert.

Dieses Ordnungsgefüge, dieses System erhalten und zukunftsfähig zu machen: Die Mission Deutschlands für das 21. Jahrhundert.  Das 21. Jahrhundert ist gerade vierzehn Jahre alt. Ein Teenager. Das Ordnungsgefüge und das System erhalten: Eine unausgereifte Vision? Bestehendes zukunftsfähig machen: Von alten, lieb gewordenen Gewohnheiten trennt man sich nur schwer. Und gleichzeitig stellt man manchmal fest, dass die Gewohnheiten nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Sie werden nur mehr mitgeschleppt, doch über Bord werfen erscheint als noch schwerere Last: sich nämlich dem Neuen wahrhaft stellen müssen. Stattdessen flickt man lieber das alte Segel, oder neudeutsch: macht es zukunftsfähig. Das kann bedeuten, dass es das nächste Unwetter noch durchsteht und bis zur nächsten Wahl einigermaßen die Haltung bewahrt. Ob es danach zusammenbricht? ist vom Zukunftsfähigmachen nicht mitumfasst.

“Deutschlands so definiertes Kerninteresse zu verfolgen, während sich die Welt rundherum verändert, das ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Wenn es in den vergangenen Jahren eine Konstante gab, so ist es die Beobachtung, dass wir die Geschwindigkeit des Wandels permanent unterschätzen.” – Dies ist der bemerkenswerte Satz in der Rede des Bundespräsidenten. Leider wird die Konsequenz nicht gezogen: ‘zukunftsfähig machen’ kann nicht ausreichen: Wir müssen einen Umgang finden mit Menschen, die bereit sind, sich selbst zu töten, um unserem Ordnungsgefüge und unserem System Schaden zuzufügen. Wir müssen einen Umgang finden mit Nationen, die nach Industrialisierung, technischem Fortschritt und geostrategischen Machtpositionen streben. Wir müssen erst einmal verstehen, was hinter diesen Phänomenen steckt, bevor wir sie einschätzen können. Unterlassen wir dies, so werden wir den Wandel, seine Geschwindigkeit, seine Ausmaße und vor allem seine Bedeutung für uns weiter unterschätzen.

Wir müssen vorausdenken, innovative Lösungen entwicklen, und vor allem: Mut zeigen für Veränderungen. Mut zeigen zu Veränderungen, von denen wir nicht überdurchschnittlich profitieren. Veränderungen, bei denen Menschenrechte mehr als einen Annex zu Freihandel und Warenaustausch darstellen.

Effiziente (leider nicht ganz neue) Lösung für Umgang mit Straftätern gefunden

“[Die Polizistin] und ihre Kollegen würden täglich mit straffälligen Migranten konfrontiert, darunter größtenteils Muslime, die nicht den geringsten Respekt vor der Polizei hätten. Schon im Kindesalter fange die Respektlosigkeit an. … Es könne nicht sein, dass Polizeibeamte keine Rechte mehr hätten und fürchten müssten, bei jeder rechtmäßigen Maßnahme, mit der sie sich gegen straffällige Migranten durchsetzten, sanktioniert zu werden. … Der Entwicklung könne man nur mit ernsthaften Sanktionen Einhalt wie Geldstrafen, Kürzung oder Streichung sämtlicher Hilfen durch den Staat oder Gefängnis Einhalt gebieten. Eine „sanfte Linie“ bringe nach ihrer Erfahrung nichts. „Wenn die oben genannten Sanktionen nicht ausreichen, bleibt nur noch die Ausweisung. Denn in die Herkunftsländer möchte kaum einer zurück, da dort die Lebensbedingungen oft mangelhaft und nicht mit der hiesigen staatlichen Unterstützung zu vergleichen sind.“” (Weiterlesen: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/null-respekt-polizistin-klagt-ueber-straffaellige-einwanderer-12882648.html)

Sehen wir es doch mal so: Straffällige Ausländer haben gegenüber deutschen Straftätern einen großen Vorteil: Zwar kann man ihnen nicht das Existenzminimum verwehren, im Zweifel kann man sie aber einfach in Herkunftsländer mit mangelhaften Lebensbedingungen zurückschicken. Straffällige Deutsche muss man dagegen jahrelang in teuren Gefängnissen durchfüttern (Gefangener/Tag ca. 80-90 Euro, weiterlesen: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=8&cad=rja&uact=8&ved=0CG8QFjAH&url=http%3A%2F%2Fwww.naiau.kiev.ua%2Fbooks%2Fdeutsch_lehrbuch%2Fppt%2F1.pdf&ei=PEBCU76fLoXoswa-qIEQ&usg=AFQjCNH66NWQ5VHn4ZXEVSUa1l_o2mQfmQ&sig2=pn23TZVBTunD-OBw0rgu1Q&bvm=bv.64367178,d.Yms).

Wer das als unzulässige Diskriminierung sehen möchte, sei belehrt, dass Diskriminierung sich auf Merkmale bezieht, für die der Mensch nichts kann, zB seine Herkunft. Hier wird aber nicht an die Herkunft angeknüpft, sondern an das Herkommen: Mit der Einwanderung unterwirft sich der Ausländer in besonderem Maße dem deutschen Staatswesen, er willigt gewissermaßen im Voraus darin ein, im Falle sozialschädlichen Verhaltens wieder hinausgeworfen zu werden – im Gegensatz zu den armen in Deutschland Geborenen, denen diese Wahl nicht offen steht. Praktisch, oder?

 

Grenzenlose Freiheit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

“Der Oberste Gerichtshof der USA hat die Beschränkung für Wahlkampfspenden aufgehoben. Bislang durfte eine Einzelperson in den zwei Jahren vor einer Wahl insgesamt höchstens 123.200 Dollar (knapp 90.000 Euro) an Kandidaten und Parteien spenden. Diese Grenze schränke jedoch die in der Verfassung verankerte Meinungsfreiheit ein, urteilte der Supreme Court am 02.04.2014 in Washington. Zur Begründung meinte der Vorsitzende Richter John Roberts, es gebe kein wichtigeres Recht in der Demokratie als das Recht, auf Wahlen Einfluss zu nehmen.” Weiterlesen: http://beck-aktuell.beck.de/news/oberstes-us-gericht-kippt-beschr-nkungen-bei-wahlkampfspenden

Die Argumentation der Mehrheit der Richter ist in sich selbstverständlich schlüssig (etwas anderes dürfte man von Ivy League Absolventen wohl auch nicht erwarten, überwiegend Harvard, auch ein wenig Princeton, Yale und Stanford finden sich in den CVs der aktuellen Mitglieder), basiert jedoch auf der Prämisse, dass es einen legitimen Einfluss des Geldes auf Wahlen gebe.

Wahlen stehen in unserer heutigen Welt – möglicherweise nicht immer zu Recht – für Demokratie. Demokratie wiederum gilt als die gerechte und überlegene Regierungsform. So weit, so gut.

Zäumt man das Pferd nun von vorne auf, so stellt sich allerdings die Frage nach der Prämisse der Demokratie. Wenn Demokratie aber die Herrschaft des Volkes in seiner Mehrheit bedeutet, wenn demokratisch nur ein Staatswesen ist, dass von dem Volkeswillen als Mehrheitswillen geleitet wird, dann fragt sich, wie sichergestellt wird, dass sich in Wahlen tatsächlich der Wille der – wohlgemerkt: zahlenmäßigen – Mehrheit des Volkes manifestiert.

Eine einfache Antwort dürfte dann aber sein, dass sich ein so verstandener Mehrheitswille sicherlich nicht manifestiert, indem einzelne Glückliche ihr materielles Glück, das proportional mit dem Unglück der willensbildenden Mehrheit verquickt ist, dahingehend einsetzen, dass sich in Wahlen manifestiert, was ihr Glück sichert und weiter befördert.

Fazit: Eine der Prämissen wird dran glauben müssen …

 

 

 

Fleißiger Konsum

“Der Media Markt Passau durfte Schülern in einer Zeitungsanzeige eine Kaufpreisermäßigung von zwei Euro für jede «Eins» im Zeugnis versprechen. Der Bundesgerichtshof erachtet die Werbeaktion für zulässig.  Anders als der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) verneinen die Richter eine unangemessene unsachliche Beeinflussung der von der Werbung angesprochenen Schulkinder. Die «Zeugnisaktion» des Elektronik-Fachmarktes habe auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt” (Urteil vom 03.04.2014, Az.: I ZR 96/13, noch nicht veröffentlicht). Weiterlesen: http://beck-aktuell.beck.de/news/bgh-media-markt-durfte-schulkindern-rabatt-f-r-jede-eins-im-zeugnis-versprechen

Möglicherweise hat die “Zeugnisaktion” nicht die geschäftliche Unerfahrenheit der Einsen-Schreiber ausgenutzt. War sie unangemessen unsachlich? Wenn Sachlichkeit etwas mit den beworbenen Produkten zu tun haben sollte – was nahe läge, steht das Wort sachlich doch in Beziehung zur Sache -, so bliebe die Frage nach der Unangemessenheit der vorliegenden Unsachlichkeit. Unangemessen ist einer der wertungsanfällligsten Rechtsbegriffe überhaupt, und mag im Kontext mit Kinder beeinflussender Werbung fast schon zynisch erscheinen: Wann ist es angemessen, Kinder in unsachlicher Weise zum Konsum anzuregen?

Vor dem Hintergrund der Leistungsgesellschaft mag man werten, dass eine Belohnung für Einser im Zeugnis sachlich angemessen ist. Doch sollte diese Entscheidung nicht den Erziehungsberechtigten vorbehalten bleiben?

Hinzukommt die kausale Verknüpfung zwischen – unterstellt – Fleiß, Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft auf der einen Seite und Konsum zu immer geringeren Preisen auf der anderen Seite. Dadurch wird überaus deutlich signalisiert: In unserer Gesellschaft kann sich mehr leisten, sich mit mehr materiellen Gütern umgeben, mehr Statussymbole anhäufen, wer fleißig, leistunsgbereit und – innerhalb des bestehendes Schulsystems – angepasst ist.

Ideale Verhaltensmuster für eine wachstumsgetriebene Marktwirtschaft, die frühzeitig verfestigt werden. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist sachlich in der Tat nichts gegen die Werbekampagne einzuwenden.